Ein Oldie erinnert sich-
Am frühen Morgen hatte es geschneit.
Nur wenige Fußgänger und Radspuren sind in der Kanalstrasse in Esslingen zu sehen.
Gegen Mittag sammeln sich Zuschauer des kommenden Ereignisses im großem Kreis vor dem Hauptportal der „Staatlichen Ingenieurschule Esslingen“ (besser bekannt als „Stall“) und warten was passiert. Dann stellen sich die Abfuhr-Wagen der Studenten-Verbindungen auf der freien Straßenseite auf. Die Aktiven haben sich verschiedene Mottos für den jeweiligen Wagenschmuck ausgedacht. Die jungen Sueven bauten eine startende Rakete mit ihren Bundesfarben auf dem Wagen.
Und da: das 2-flüglige schwere Eichenportal öffnet sich. Die Absolventen in dunklem Anzug, Frack oder Mantel strömen heraus und verteilen sich, Zylinder und Stockschirm schwenkend auf Freitreppe und Gehweg. So mancher Urschrei ist zu hören und ein befreiendes Rufen muss sein. Als Ruhe einkehrt, hält ein Student ein Loblied auf die Alma Mater, versäumt aber nicht Höhen, Tiefen und Freuden der vergangenen Studienzeit zu erwähnen. Zur selben Zeit gehen ungeliebte Manuskripte, Skizzen und vieles mehr mitten auf der Straße in Flammen auf.
Die Korporierten(Studenten)-absolventen werden auf die Verbindungswagen gehoben und geschoben, der Tross setzt sich zur Stadtmitte in Bewegung und die weiteren Jungingenieure verlängern den Zug mit dem Kandelmarsch unter dem Beifall der Zuschauer.
Ein neuer Lebensabschnitt beginnt.
50 Jahre später-
Das Berufsleben, der Einfluss des Weltgeschehens auf den Einzelnen, die eigene Familie und vor allem die persönliche Gesundheit ziehen wie ein bunter Film an einem vorbei. Was erlebten wir zum Teil mit unseren Konsemestern, die noch Kriegsteilnehmer waren, in dieser stattlichen Zeitspanne.
Vielerlei Erinnerungen und Gedanken beschäftigen und in der Vorbereitungszeit zum ins Auge gefassten 50-jährigen Abschluss-Jubiläum. Das Erlebte war so umfangreich, dass sich eine Organisationsgruppe/Ausschuss der Ruheständler des A-Zuges vom Maschinenbau-Semester 1953/56 auf ein ausgefülltes 3-Tages-Prgramm zum Abschlussjubiläum 2006 festlegten. Es waren wunderschöne Tage mit Begegnungen aus Nah und Fern und langen Gesprächen. Die begleitenden Damen brachten Farbe, Freude und Frohsinn in die stattliche Gruppe. Bei jedem Programmpunkt stand ein besonders Erlebnis, wobei immer die Wiedersehensfreude und das „Dabei sein können“ spürbar wurde.
In der Alma Mater empfing uns Prof. van der List mit herzlichen Worten und schilderte auch die Zukunft der zusammenwachsenden Esslinger Hochschulen. Sein Stellvertreter führte uns anschließend durch den Maschinenbau-Bereich des Stalls. Ein weiterer Höhepunkt unseres Festes war unsere Teilnahme am Abschluss des Sommersemesters 2006 mit den Absolventen. Aktuell erlebten wir die Abschlusskundgebung, das Grußwort mit Zukunftswünschen der Oldies und die Manuskriptverbrennung im Innenhof des Stalls.
Dem langen Zug der Jungingenieure zum Kandelmarsch schlossen wir uns am Ende mit unseren Oldie-Schildern an. Es war nicht einfach im Takt des Kandelmarsches (Ein Fuß auf dem Gehweg, der andere in der „Kandel“ Rinne) zu bleiben und es begleiteten manche Bemerkungen und Zurufe den Weg zum Hafenmarkt.
Unser feierlicher Festabend dauerte naturgemäß lange, untermalt mit Aufnahmen von damaligen Dozenten, Exkursionen und vieles mehr. Nun hoffen und wünschen wir, uns in möglichst großer Runde bei ordentlicher Gesundheit in den nächsten Jahren wieder zu treffen.
Werner Otto Schmid v. Sachte
(Verbindung Suevia)